Betrachtet man sich das gegenwärtige Berufsspektrum, so gibt es viele Berufe, deren Wertigkeit in Öko-Habitaten oder in einer vom Ideal der Zusammenarbeit geprägten Zukunft ganz anders liegt als in unserer gegenwärtigen, sogenannten real existierenden Welt. Und auf eine Vielzahl von Berufen die der geschichtlichen Entwicklung und der gegenwärtigen politischen Lage geschuldet sind, wird man irgendwann in der Zukunft vielleicht völlig verzichten können.
Die Veränderung fängt schon bei der grundlegenden Einstellung zu dem zukünftigen eigenen Beruf an. Die Mehrzahl der gegenwärtigen Tätigkeiten wird ausgeübt, um Geld zu verdienen und sich damit eine befriedigende Wohn- und Lebenssituation zu schaffen. Bei anderen Berufen steht zusätzlich noch Besitzanhäufung sowie Macht- und Prestigegewinn im Vordergrund. Ein zukünftiges Leben, welches auf Zusammenarbeit gründet und ein gerechtes Zusammenleben und Überleben auf dieser Erde sowie die Förderung der individuellen Entfaltung zum Ziel hat, erfordert ganz andere Prioritäten, weshalb die gegenwärtigen Regierungen, selbst bei unterstelltem Gutwillen, so enorme Probleme haben, auch nur den kleinsten Fortschritt zu verwirklichen.
In einer Zukunftswelt, die auf Vertrauen und Zusammenarbeit gegründet ist, sieht dies dagegen ganz anders aus. Arbeit entspringt hier weniger dem Selbsterhaltungs- und Dominanztrieb; vielmehr ist sie Ausdruck der Zusammenarbeit, Dienst an der Gemeinschaft, Mittel zur Verbesserung der gemeinsamen Lebensumstände und bietet die Möglichkeit, die eigenen Fähigkeiten zu entwickeln und nutzbringend einzusetzen und, durch die richtige innere Haltung (Verantwortungsbewusstsein, Präzision, Uneigennützigkeit, Aufgeschlossenheit für Neues, Zusammenarbeit…), die eigene Bewusstseinsentwicklung zu fördern. Darüber hinaus orientiert sie sich an reellen, primär lokalen Erfordernissen, aber mitunter auch an regionalen und globalen Notwendigkeiten.
Heute verschwinden immer wieder nicht mehr benötigte Berufe, manche zu Recht, manche zu Unrecht, und die betroffenen Personen sind gezwungen, sich ein neues Tätigkeitsfeld zu suchen. In den Öko-Habitaten sind solche Berufswechsel keine Zwangserscheinung, wenngleich sie auch dort vorkommen werden. Allerdings liegen die Gründe meist weniger im Aussterben, als mehr in einer vielfältigen Interessenslage, verbunden mit einem geringeren gesellschaftlichen Konformitätsdruck. In Öko-Habitaten ist vielmehr Flexibilität gefordert, da manche Tätigkeiten nur zeitweise benötigt werden oder nicht in einem Ausmaß, das eine ausschließliche Tätigkeit in einem Gebiet erfordert. Wenn man in der Lage ist, mehrere Tätigkeiten auszuüben, dann kann man auch mal helfen, temporäre Arbeitsspitzen in anderen Bereichen abzubauen.
Auch gibt es Menschen, die einfach keine ihnen zusagende Tätigkeit finden oder sich nicht zwischen mehreren Interessen entscheiden können. Während die ersteren versuchen können, überall mitzuarbeiten und auf diese Weise vielleicht irgendwann ihren Traumberuf zu entdecken, können die letzteren versuchen, eine Tätigkeit nach der anderen auszuüben oder bei geeigneten Rahmenbedingungen in mehreren Bereichen parallel arbeiten. Und auch wer später im Leben ein neues Interesse entwickelt oder neue Fähigkeiten in sich entdeckt, kann umsteigen oder seinen Tätigkeitsbereich ausweiten. Allerdings sollte man auch bereit sein, sich bei erhöhtem gemeinschaftlichen Interesse und vorhandener Eignung als Teil der Bewusstseinsentwicklung einen benötigten Beruf auszuüben, zumindest solange, bis ein geeigneterer Ersatz gefunden ist.
Was nun konkrete Tätigkeiten angeht, so orientieren sich diese an den aktuellen Bedürfnissen der Öko-Habitate und an dem Wert, den sie für die Gemeinschaft darstellen.
Nicht zu diesen Bedürfnissen zählt die ganze Finanzwelt, die keine Werte schafft, sondern die von anderen geschaffenen Werte zum eigenen Nutzen ungleich umverteilt. Die eigentliche Bedeutung des Geldes liegt darin, in einer zunehmend vereinzelten Gesellschaft einen normierten Mittler für den Austausch von Waren und Dienstleistungen in der Hand zu haben und so die Organisation der täglichen Abläufe etwas zu erleichtern. In einer Gesellschaft, die gemeinschaftlich orientiert ist und in der sich jeder seiner Verantwortung bewusst ist, gibt es keine Notwendigkeit für diesen Mechanismus, weshalb der Beruf des Bankkaufmanns weitgehend überflüssig wird. Hier wird Geld vielleicht als Rechnungsmittel für den Austausch zwischen den Gemeinschaften benötigt, aber Geld um des Geldes willen, als Wert für sich, ist ein Unding und sollte mit wachsender Bewusstseinsentwicklung zunehmend der Vergangenheit angehören. Allerdings muss auch die Werteverteilung innerhalb der Gemeinschaften und in der großen regionalen und globalen Gemeinschaftsgemeinschaft organisiert werden. Hier geht es dann aber um Organisation und gerechten Ausgleich, so dass als neues Berufsbild vielleicht der Ressourcenmanager entstehen könnte, der Bestand, Bedarf, Möglichkeiten und Ungleichgewichte erfasst und in Absprache mit der Gemeinschaft und anderen Ressourcenmanagern eine optimale Nutzung der Möglichkeiten anstrebt. Da in Hinblick auf einen weitreichenden Schutz der Umwelt für eine zukünftige Gesellschaft überschaubare und weitgehend autarke Gemeinschaften angestrebt werden, sind wesentlich weniger Ressourcenmanager nötig, als es heutzutage Finanzbearbeiter, -verwalter und Spekulanten gibt.
Diese überschaubaren und verantwortungsbewussten Gemeinschaften, deren Basis nicht zufällige Wohnorte oder regierungsgesteuerte Gemeinschaftsprojekte sind, sondern die aus dem Wunsch der Mitglieder nach einer zukunftsweisenden Gemeinschaft und einer besseren Welt geboren werden, benötigen auch deutlich weniger Bürokratie, denn Bürokratie bedeutet im Wesentlichen das Verwalten von Geldern, Steuern, Zuschüssen, Personendaten, Vorschriften, Gesetzen und unzähliger weiterer Aspekte des menschlichen Lebens. Vieles davon ist in kleinen Gemeinschaften, in denen jeder jeden kennt völlig überflüssig, anderes mag etwa für Planungsfragen eine gewisse Bedeutung besitzen. Aber viele Fragen können, wenn sie denn überhaupt auftauchen, denn etwa die Kinderbetreuung wird ohnehin gemeinschaftlich organisiert werden, in regelmäßigen oder bei Bedarf stattfindenden Gemeinschaftsversammlungen, an denen jeder im eigenen Interesse aktiv teilnehmen kann, besprochen und geklärt werden. Für diese Abläufe benötigt man dann einen Verwalter, an den bei Bedarf dann auch bestimmte Arbeiten und Entscheidungen delegiert werden können. Der Umfang dieser Verwaltungstätigkeit wird sich dann im Laufe der Zeit klarer herausarbeiten, sollte aber deutlich unter dem gegenwärtigen Stand liegen, zumal auch das Internet stärker darin eingebunden werden kann.
Ebenso fehl am Platze sind Politiker, zumindest in ihrer aktuellen Ausführung. Die Demokratie ist zwar eine schöne Sache, aber ihre Produkte, also die Politiker, sind das Produkt von politischem Kapitalismus und Konsumismus, also von Macht- und Geltungsstreben auf der Angebotsseite, zweckgesteuerter Selbstdarstellung auf der Konsumbeeinflussungsseite und Überdruss, Resignation und mangelnder Durchblick (wobei der Mangel gerne gefördert wird) auf der Nachfrageseite. Wirkliche Befähigung für den Job ist weniger wichtig, als die Fähigkeit sich gut zu verkaufen, und eine geeignete Ausbildung (Psychologie, Recht, Wirtschaft, Objektivität, Integrität, Persönlichkeitsentwicklung, Mitgefühl…) ist meist weder vorhanden noch Pflicht und wird auch nicht angeboten. Die Aufgabe der Politik wäre es, im Geiste des stetigen Fortschritts und der liebevollen Zusammenarbeit stellvertretend für das Volk sich mit anderen Staaten abzusprechen, auftauchende Probleme zu lösen und die Lebensumstände so zu gestalten, dass sich Gemeinschaft wie Individuum optimal zu entfalten vermögen – und das ist etwas, womit die Schacherer, die gegenwärtig die Macht innehaben, völlig überfordert sind. Wenn man den Politiker für zukünftige Gemeinschaften transformieren müsste, dann würde eine Art Integrator herauskommen, der zwischen Verwalter, Ressourcenmanager und Gemeinschaft vermittelt, der die Diskussion innerer Ziele in Gang hält, informiert, Problematiken erläutert und die gesellschaftliche Vielfalt sowie die stetige Entwicklung des individuellen und kollektiven Bewusstseins und des mündigen und progressiven Bürgers fördert. Aber es wäre nicht seine Aufgabe endlose Regelwerke zu verfassen und erlassen, denn die meisten anfallenden Fragen können bei Bedarf von der Gemeinschaft besprochen werden – auch immer wieder neu, wenn dies notwendig sein sollte. Dabei lässt sich besser auf individuelle Bedürfnisse und Situationen eingehen als mit starren Vorschriften.
Und dann gibt es natürlich noch eine überflüssige Institution, deren bisherige Existenzberechtigung ihre Ursache in Macht- und Profitstreben, in der Religion, der Angst, im Egoismus und in der Unfähigkeit einander zu verstehen und miteinander zu reden liegt: das Militär. In dem Maße, in dem die Welt zur Zusammenarbeit übergeht und die Menschen und Nationen bereit sind, die Verantwortung für die Welt als Ganzes zu übernehmen, erübrigt sich die Notwendigkeit für militärische Institutionen, die weltweit immense Mittel verschlingen, mit deren Hilfe die Welt großflächig verseucht werden kann und von denen Menschen bezahlt werden, damit sie, wenn sie nicht gerade mit Krieg beschäftigt sind, in der Gegend herumlaufen, sich klein machen lassen, willige Befehlsempfänger werden, schießen und paradieren lernen… Mit Ausnahme verschiedener beruflicher Fertigkeiten (Autoschlosser, Computertechnik…) ist kaum etwas davon für den Aufbau einer zukünftigen Welt brauchbar. Natürlich wird das Militär, wenn es die jeweilige nationale Gesetzgebung erlaubt gelegentlich auch zur Katastrophenhilfe eingesetzt, und das scheint auch die einzige Möglichkeit zu sein, das Militär für eine neue Gemeinschaft zu transformieren. Eine Notfallmannschaft kann jede Gemeinschaft auf die Beine stellen, wenn auch kaum als Vollzeitjob. Aufgabenbereich wäre Feuerwehr und Katastrophenhilfe.
Und diejenigen Menschen, die den Militärdienst nicht als irgendeinen sicheren Job verstehen oder als Rettungsanker für eigene Unzulänglichkeiten, sondern als patriotischen Dienst am Vaterland, können sich um ein größeres Bild bemühen, das die ganze Erde als Vaterland sieht, und für sie wäre jeder Job besser, der mithilft, die Menschen einander näher zu bringen und die Erde zu einem liebevoll-einig Vaterland wachsen und erblühen zu lassen. Mit Kriegen kann man nichts Wesentliches verändern, nur durch strahlende, erfolgreiche und authentische Beispiele und unermüdliche Bemühung.
All diese bisher besprochenen Berufsgruppen können in reduziertem Umfang und in stark transformiertem Charakter in zukünftige Gemeinschaften integriert werden und dort ihren wahren Wert beweisen, aber sie werden nicht das Gros der zukünftigen Berufstätigen stellen. Dieses orientiert sich an den wirklichen Bedürfnissen der Gemeinschaft.
Das erste Bedürfnis des Menschen ist zweifellos seine Ernährung, und die damit zusammenhängenden Tätigkeiten werden in einer vernünftigeren Zukunft wieder stärker von Bedeutung sein, also der Anbau, die Pflege und die Ernte von Pflanzen aller Art, zwar vor allem zur Ernährung, aber auch zur Gewinnung von Rohstoffen (Fasern, Farbe, Stärke…) oder zur ansprechenden und künstlerischen Gestaltung der Gärten und die Einbettung der Häuser. Dieser uralte Berufszweig war sehr lange einer der wichtigsten Berufe überhaupt, und wenn man auf massiven Einsatz von Maschinen, Chemie und Gift verzichten und die Bodenpflege intensivieren will, wird er es auch wieder werden, denn dann ist vermehrt Handarbeit gefragt. Damit hängen natürlich unmittelbar eine Unmenge anderer Tätigkeiten zusammen: kochen, wirtschaften, keltern, weben, färben, backen, mahlen – und mittelbar auch die Bemühung um das körperliche Wohlbefinden (Heilung, Pflege, Sport, Lebensführung…).
Die Tierhaltung wird angesichts der enormen Ressourcen, die dafür nötig sind, in manchen Gegenden mehr, in anderen weniger zurückgehen. Entsprechend werden auch die damit zusammenhängenden Berufe gefragt sein.
Der nächste wichtige Bereich ist die Schaffung einer geeigneten Unterkunft für den wohlgenährten und gepflegten Körper. Hierzu zählen neben dem offensichtlichen Hausbau und der Architektur auch Gartengestaltung, Meteorologie, Geologie, Energietechnik und natürlich die unzähligen Handwerksberufe Schreiner, Schlosser, Elektrotechniker, Maschinenbauer, Sanitärtechniker, Spengler, Dachdecker…
Mit all dem kann man ein schönes Leben führen, aber wenn man über die Befriedigung dieser vegetativen Grundbedürfnisse nicht hinausgeht, ist es auch relativ langweilig und sinnlos. Es gibt ein höheres Leben im Menschen, das gepflegt werden muss und das sich entwickeln und entfalten möchte, und das betrifft den geistigen und den seelischen Aspekt, die in ihrem Ausdruck gerne unter dem Begriff der Künste zusammengefasst werden. Auch die Welt der Künstler ist mannigfaltig und überschneidet sich auch mit den Bereichen der Lebenserhaltung und Versorgung, etwa in der Backkunst, der Heilkunst, der Modeschöpfung oder der Lebensraumgestaltung. Es zählen aber auch neben der Musik, der Malerei, der Literatur und anderen traditionellen Künsten die Philosophie, die Spiritualität, eine reformierte Religionsauffassung und die Lehr-, Lebens- und Liebeskunst dazu, letztlich alles, was dem Menschen hilft, das in ihm schlummernde Potenzial zu entdecken und zu entwickeln.
Dies sind die drei großen Bereiche, die in jeder zukunftsorientierten Gemeinschaft von grundlegender Bedeutung sind. Daneben gibt es Tätigkeitsbereiche, mit denen kleine Gemeinschaften überfordert sind, deren Aufrechterhaltung und Förderung für den integralen Weg in die Zukunft trotzdem notwendig sind: Industrie und Grundlagenforschung aller Art. Anfangs ist dies kein Problem, denn die traditionelle Welt mit ihren traditionellen Wegen wird diese Bereiche schon allein aus lauter Gier und der Angst, ins Hintertreffen zu geraten fortführen. Aber wenn sich das Weltgewicht zugunsten der kleinen zukunftsorientierten Gemeinschaften neigt, müssen diese zunehmend auch die entsprechenden Aufgaben übernehmen und auf neue Grundlagen stellen, also Nachhaltigkeit, Zusammenarbeit, Effizienz, Zukunftsorientiertheit, Qualität… Das kann in mehreren, über die ganze Welt verteilten Forschungszentren geschehen, oder mehrere Großhabitate teilen sich einen bestimmten Forschungszweig, wie es auch bei bisweilen standortgebundener Schwerindustrie nötig sein dürfte.
Man kann die Frage der Berufswahl und -ausübung aber auch noch von einem anderen Standpunkt aus betrachten. Alles Leben und sein verläuft in einem Zyklus, der in Indien durch die drei Gottheiten der Trimurti (Brahma, Vishnu und Shiva) ausgedrückt wird, und der sich auch in den Betrachtungen Heraklits vom Krieg als dem Vater aller Dinge wiederfindet. Dieser Zyklus besteht aus dem Erschaffen, dem Bewahren und dem Zerstören, das die Basis für eine neue Schöpfungsbemühung bildet. Und über die ganze bisherige Menschheitsgeschichte war es so, dass Fortschritt und Zerstörung immer aufeinander folgten, wobei nicht jeder Schöpfungsakt unbedingt etwas besseres als das vorher Zerstörte zustande gebracht hat. Dass dieses Naturprinzip über die Jahrtausende das menschliche Leben begleitet oder bestimmt hat, bedeutet aber nicht, dass es unreflektiert weiterhin so beibehalten werden muss. Ganz im Gegenteil ist ein Update für diesen, im menschlichen Leben sehr grob realisierten Prozess, dringend nötig, um die Gefahr zu bannen, dass nach der nächsten großen Zerstörung, die nachfolgende Schöpfung ohne den Menschen stattfindet.
Dieses Update muss aus dem bislang groben, destruktiven und unbewussten Ablauf einen bewussten Vorgang machen, welcher die ihm innewohnenden Möglichkeiten für einen kontinuierlichen Fortschritt nutzt, denn jeder Fortschritt setzt voraus, dass man alten Ballast abwirft und zu neuen oder weiterreichenden Schlussfolgerungen kommt. Dieser Vorgang bestimmt unser ganzes Leben, das körperlich-vitale wie auch das geistig-seelische. Allerdings kommt er häufig mit zunehmendem Alter ins Stottern und schließlich zum Erliegen und leitet den Tod auf den jeweiligen Seinsebenen ein. Dieses Nachlassen hat seine Ursache darin, dass dieser Zyklus, der ja eigentlich ein Erneuerungsvorgang ist, nur mechanisch, unter- oder unbewusst als naturgegebener Ablauf stattfindet und dadurch auch unkoordiniert und ohne effektive Unterstützung.
Bei einem kleinen Kind, das die Welt kennenlernt, sieht der Vorgang so aus, dass es etwas lernt, eine Erkenntnis hat – das ist der Vorgang der Schöpfung. Dieses Wissen wird bewahrt und bildet die Grundlage für ein weiteres Erforschen der Welt, das zu detaillierteren oder auch gegensätzlichen Schlussfolgerungen führt. Ein Kind, das wachsen und lernen will, wird daraufhin den dritten Abschnitt einleiten, die Zerstörung. Aber dabei geht es nicht um die Zerstörung, sondern um die Erneuerung, denn die Abwendung vom alten Wissen findet statt, um die Möglichkeit für das Annehmen des neuen Wissens zu bieten, also eine neuere, wahrere Schöpfung zu ermöglichen. Dieses fließende Ineinandergreifen der einzelnen Elemente des Schöpfungszyklus ist die Fortschrittskraft, die uns stetig jung erhält und eines Tages vielleicht auch in der Lage ist, unseren Körper ebenso jung zu erhalten.
Dieser Schöpfungszyklus äußert sich auch in der Berufsausübung. Für eine zukunftsorientierte, entwicklungsfähige und fortschrittswillige Gemeinschaft ist es wichtig, dass Tätigkeiten weitgehend auf der Basis dieses Zyklus ausgeführt werden. Zwar sollte die Betonung auf dem schöpferischen Element liegen, aber auch die übrigen Elemente sollten ihren notwendigen Platz haben. Schreibt man zum Beispiel ein Lied, dann ist das ein schöpferischer Vorgang; durch Tonkonserven und Notenschrift kann man es bewahren und anderen zugänglich machen; aber man muss auch in der Lage sein, das Lied zu “zerstören”, indem man sich zum einen davon löst, um ein neues Lied schreiben zu können, und zum anderen indem man über die äußere erste Form hinausgeht, in die Essenz und den Ursprung des Liedes eintaucht und es in einem schöpferischen Akt wieder neu interpretiert, wodurch das Lied lebendig und aktuell bleibt.
Wenn man nun die Top Four der überflüssigen oder fehlentwickelten Berufe unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, so findet man in der Finanzwelt ein gewisses schöpferisches Element, das sich mit dem Element der Zerstörung verbündet hat, um ungeachtet der Kosten und Auswirkungen möglichst viel Geld anzuhäufeln, mit der Absicht, es vor allem zu bewahren und besser noch weiter zu mehren und es so ein wenig aus dem Verkehr zu ziehen. Die Bedeutung des Geldes liegt aber darin, ein Mittel zu sein, um den Fortschritt zu fördern. Der kontinuierlich ineinanderfließende Schöpfungszyklus ist das ideale Ausdrucksmittel für das Geld: verdienen, sammeln und bewerten, zukunftsweisend ausgeben. Dabei muss man allerdings bedenken, dass der Schöpfungszyklus eine Art Urmacht ist, die man nicht einfach abschalten kann. Die Finanzwelt baut mir ihrer Gier und dem einseitigen Bewahren einen immer größer werdenden Staudamm, um alles zurückzuhalten. Aber irgendwann wird eine Erschütterung einen Tsunami hervorrufen und den Staudamm hinwegfegen, und die Zerstörung, die dann entsteht, wird so umfassend sein, wie es die lange akkumulierten Schöpfungs- und Bewahrungsanteile erfordern.
Noch größere Bewahrer sind die Bürokraten. Der schöpferische Impuls existiert kaum, und losgelassen (zerstört) wird auch nichts. Das, was ist, wird gehegt und gepflegt, und neue bürokratische Impulse werden zügig in die Gemeinschaft schützens- und bewahrenswerter Güter integriert.
Bei den Politikern wiederum dominiert das zerstörerische Element, das zum optimalen Wirken gerne schöpferisch wird. Das schöpferische Element wirkt hier also nicht konstruktiv, steht also nicht im Dienste progressiver Neuschöpfung und eines gesunden Schöpfungsflusses, sondern im Dienste des Kampfes Mann gegen Mann und Partei gegen Partei und Eigeninteressen gehen Bürgerinteressen. Und das Element des Bewahrens drückt sich vor allem im Beharren auf dem eigenen Stuhl aus. Zwar gibt es immer wieder Politiker, die von gemeinschafts- und zukunftsfördernden Idealen beseelt sind und geneigt sind, den wahren Schöpfungsfluss anzustoßen, aber diese sind meist der zerstörerischen Kreativität der Mehrheit nicht lange gewachsen.
Die innere Struktur des Schöpfungszyklus des Militär ähnelt ein wenig der Politik und in gewisser Weise auch der Konsumgüterindustrie, die ja in einem Aspekt auch eine Auswirkung der Finanzwelt ist. In diesen Fällen gibt es ein nicht unbeträchtliches Maß an schöpferischen Fähigkeiten, die aber nicht für eine bessere Zukunft eingesetzt werden, in Hinblick auf die Zukunft und ein angemessenes Bewahren, sondern vor allem in Hinblick auf Zerstörungsqualitäten, seinen es nur Angriffsstrategien und Waffenentwicklungen, oder Angriffe auf politische Gegner und Vorhaben, oder Produkte, die auf einen minimierten Bewahrungszeitraum optimiert wurden.
Die optimale Haltung bei allen – nicht nur beruflichen – Tätigkeiten, sollte sein, etwas zu schaffen, das optimal gestaltet ist und ewig hält, das sich aber bei Bedarf wieder abbauen oder zerlegen und möglicherweise auch gleich wieder in einen neuen Schöpfungszyklus integrieren lässt. Auf diese Weise kann eine Sache progressiv perfektioniert werden, auch wenn es prinzipiell besser ist, alle Dinge aus einem starken und vollkommenen Schöpfungsimpuls entstehen zu lassen, der ein langes Bewahren ermöglicht und eine vollkommene Zerstörung dementsprechend lange unnötig macht, wobei es natürlich auch vorkommen kann, dass benötigte Materialien zur Verwirklichung einer Schöpfung noch nicht existieren, oder dass häufige Neuschöpfungen dadurch nötig werden, dass der Schöpfungsimpuls nicht vollkommen genug war und sozusagen nachreift.
Eine Betonung der kreativen Phase, eventuell auch eine kollektive Schöpfungsphase ist vor allem am Beginn der Gemeinschaftsbildung und während des Aufbaus nötig, doch mit Beendigung der Aufbauphase sollte sich ein sanfter, aber stetiger und nachhaltiger Fluss des Schöpfungszyklus etablieren, der dafür sorgt, dass die Gemeinschaft immer auf dem Gipfel der Zeit bleibt und die nötige Bewusstseinsentwicklung vollzieht, welche verhindert, dass dieser Aspekt des Bewahrens im Großzyklus in die Zerstörungsphase übergehen muss, denn obgleich der Zyklus ein Naturgesetz zu sein scheint, ist er doch nur ein Hilfsmittel, um eine stetige Weiterentwicklung zu erzwingen. Sobald wir diese Weiterentwicklung, dieses Zukunftsstreben, selbst in die Hand nehmen und die nötige Bewusstseinsentwicklung selbst vorantreiben, verliert der Schöpfungszyklus für uns seine Notwendigkeit und scheinbare Allmacht.
Aus diesem Wissen folgt, dass Berufe in Öko-Habitaten und anderen zukunfts- und fortschrittsorientierten Gemeinschaften, wie etwa Mirapuri, nicht nur Berufe sind, die man halt so recht und schlecht ausfüllt, sondern eher Berufungen, Mittel, um die Gemeinschaft voran zu bringen, Mittel, um sich selbst voran zu bringen und natürlich ein Feld, das perfektioniert und dynamisiert werden will. Berufliche Tätigkeiten sind, wie das übrige Leben auch, Möglichkeiten, um im Bewusstsein zu wachsen und dieses Bewusstsein aktiv zum Ausdruck zu bringen. Und mit dem Wachstum des Bewusstseins wachsen auch die Ausdrucksmöglichkeiten sowie die Fähigkeit, sich in immer mehr Gebieten auszudrücken und zu betätigen. Nicht umsonst war Sri Aurobindo der Meinung, dass ein wahrer Yogi, modern ausgedrückt also ein Bewusstseinsforscher, in der Lage sein sollte, jede Arbeit zu machen, und nicht umsonst ist sein Weltbild geprägt von dem Satz: Alles Leben ist Yoga.
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